2011 haben die Carolina Panthers das letzte Mal einen Quarterback mit dem allerersten Pick gedraftet – und der wurde prompt zur Legende! Mit Cam Newton sicherten sie sich einen Spielmacher, der die Liga im Sturm eroberte und das Gesicht der Panthers wurde.
Am 28. April deutscher Zeit steigt in Kansas City, Missouri, die erste Runde des NFL Draft 2023 (live bei RTL). Die Panthers werden wie 2011 an erster Stelle picken – und haben dabei freie Auswahl unter den Top-Quarterbacks.
Der Trade-Preis war hoch, aber die Aussichten sind verheißungsvoll
Keine Frage, der Trade von Platz neun auf Platz eins war alles andere als günstig. Um an die Spitze des NFL Draft zu gelangen, schickte Carolina den Erstrunden- und einen Zweitrunden-Pick aus diesem Jahr (Nr. 9 und Nr. 61) nach Chicago sowie den Erstrundenpick aus 2024 und den Zweitrundenpick aus 2025. Wide Receiver D.J. Moore war ebenfalls Teil des Deals. Somit haben die Panthers nicht nur jede Menge Draft-Kapital abgegeben, sie haben auch einen ihrer besten Spieler an die Bears verloren.
"Ist der Druck dadurch größer? Ich denke schon", sagte Cheftrainer Frank Reich auf die Frage, ob es mehr zu beachten gilt, wenn man den Nr.-1-Pick hat. "Aber ich empfinde es nicht so. Ich fühle mehr Freiheit. Wir können tatsächlich den Spieler holen, den wir wollen. Wir können uns die Zeit nehmen. Wir haben es selbst in der Hand."
Mit dem diesjährigen Pick an Nr. 1 können die Panthers den Spieler draften, der das Team in die Zukunft führen soll. Mit Cam Newton ist Carolina das 2011 schon einmal gelungen. Er war jahrelang der Leader des Teams. Ein Quarterback-Superstar, mit dem es Carolina am 7. Februar 2016 bis in den Super Bowl geschafft hat.
Mit Andy Dalton als Backup-Quarterback haben die Panthers außerdem einen erfahrenen Routinier in der Free Agency geholt, der dem Toptalent sicherlich noch einiges beibringen kann.
Insgesamt gibt es vier Namen, die unter den NFL-Experten am höchsten gehandelt werden. Sie alle haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. Aber eines haben sie gemeinsam: Sie könnten der neue Spielmacher der Carolina Panthers werden.
Das Top-Talent: Bryce Young
Mit einer Körpergröße von gerade mal 1,78 Metern und 93 Kilogramm ist Bryce Young der schmächtigste Quarterback im NFL Draft 2023. Damit ist er genauso groß wie Kyler Murray von den Arizona Cardinals und knapp fünf Zentimeter kleiner als Dolphins-Star Tua Tagovailoa. Obwohl der beste College-Spieler von 2021 (Gewinner der Heisman Trophy) als reifster Spielmacher unter den diesjährigen College-Toptalenten gilt, haben viele NFL-Experten Bedenken, ob er angesichts seiner Maße den Belastungen des harten NFL-Alltags langfristig standhalten kann.
Young war der meistumworbene Highschool-Quarterback und wurde von der Zeitung USA Today 2019 landesweit als "Offensive Player of the Year" gefeiert. An der University of Alabama war er trotz seiner kleinen Statur ein absoluter Ausnahmespieler. Der 21-Jährige hatte in drei Jahren 8.356 Passing Yards, 80 Touchdowns und lediglich zwölf Interceptions. 2021 gewann er als Backup mit der Crimson Tide die College-Meisterschaft.
"Was die Fähigkeiten angeht, kann er alles", so Draft-Guru Daniel Jeremiah, "Er kann jede Art von Pass werfen, die man sehen will. Er kann seine Pässe timen und auch mit jeder Menge Druck der Defense umgehen. Er kann die Laufwege der Receiver gut antizipieren und gegebenenfalls auch improvisieren. Sein Talent ist außergewöhnlich."
Frank Reich hat in der NFL bislang zwar eher mit groß gewachsenen Spielern wie etwa Peyton Manning (1,96 m), Andrew Luck (1,93 m) oder Matt Ryan (1,93 m) gearbeitet. Trotzdem ist er ein erklärter Fan von Russell Wilson, der mit seinen 1,80 Meter von eher kleiner Statur ist und seine fehlende Größe und sein damit eingeschränktes Sichtfeld über die Offensive Line durch andere Qualitäten kompensiert.
Die sichere Bank: C.J. Stroud
Der 21-Jährige Quarterback der Ohio State University hat eine ähnlich spektakuläre College-Karriere hingelegt wie Bryce Young. In drei Jahren warf Stroud für 8.123 Yards, 85 Touchdowns und zwölf Interceptions. Er ist im Passspiel überdurchschnittlich präzise und erfüllt mit einer Größe von 1,91 Meter und einem Körpergewicht von 97 Kilogramm die konventionelle Vorstellung eines NFL-Quarterbacks. Bei den Buckeyes hat er zahlreiche College-Rekorde aufgestellt. Er ist der einzige Spieler in der Geschichte der Ohio State, der in drei Spielen jeweils sechs Touchdowns geworfen hat. Gegen Utah hatte er 2022 unfassbare 573 Passing Yards.
Für den neuen Quarterback-Coach der Carolina Panthers, Josh McCown, ist er einer der komplettesten Spieler des diesjährigen Draft:
"Als ich ihn beobachtet habe, dachte ich, dass seine Fähigkeiten denen von Joe Burrow sehr ähnlich sind. Er hat ungefähr die gleiche Größe, die gleiche Statur und einen gleich guten Wurfarm. Außerdem bewegt er sich auf die gleiche Weise."
Der Cam-Newton-Klon: Anthony Richardson
Mit seinen 1,93 Metern und 111 Kilogramm ist der Quarterback der University of Florida nicht nur optisch eine absolute Ausnahmeerscheinung, er ist auch ein wahnsinniger Athlet. Beim NFL Scouting Combine 2023, eine Art Probetraining für College-Stars vor den NFL-Talentjägern, sprintete Richardson die 40 Yards in 4,44 Sekunden und sprang aus dem Stand 102,87 Zentimeter hoch und 3,28 Meter weit.
Mit diesen Leistungen knackte Richardson ein paar der Quarterback-Bestmarken, die eines seiner größten Idole, Cam Newton, 2011 beim NFL Combine aufgestellt hatte. Ähnlich wie Newton oder auch NFL-Star Lamar Jackson ist Richardson ein Dual-Threat-Quarterback, also ein Spieler, der neben seiner Wurfkraft auch eine gute Schnelligkeit mitbringt und Spiele dadurch im Alleingang entscheiden kann.
"Ich habe in der 11. Klasse angefangen, mich Cam Jackson zu nennen", sagte Richardson beim NFL Combine. "Ich versuche einfach nur, Big Plays zu machen, genau wie Cam Newton und Lamar Jackson."
In seiner einzigen Saison als Starting-Quarterback der Florida Gators kam Richardson auf 2.549 Passing Yards, 17 Touchdowns und neun Interceptions. Außerdem hatte er 654 Rushing Yards und neun Rushing Touchdowns.
Der Underdog-Kandidat: Will Levis
Levis ist ohne Zweifel ein äußerst talentierter Quarterback – mit einem überdurchschnittlich starken Wurfarm und einem beeindruckenden läuferischen Talent. Trotzdem sind sich NFL-Experten wie Daniel Jeremiah nicht sicher, ob seine Spielweise auf die NFL übertragbar ist.
Nach einem überragenden Jahr 2021 konnte der 23-Jährige in seiner letzten College-Saison bei Kentucky 2022 nicht an die gezeigten Leistungen anknüpfen, hatte viele Ballverluste und musste rekordverdächtige 34 Sacks einstecken.
"Man muss mit einer Einschätzung bei den Sacks und den Turnovern anfangen. Auch wenn es eine ganze Reihe von abgefälschten Pässen gab und die Offensive Line dieses Jahr nicht ganz so gut war, sind sie besorgniserregend", so Jeremiah. "Er ist zwar zäh und steckt die Hits der Verteidigung ein, aber manchmal würde ich mir wünschen, dass er den gegnerischen Druck in seinem Rücken besser antizipieren würde, um einigen Sacks zu entkommen."
Welche Fähigkeiten in Levis schlummern, zeigte der 1,93 Meter große und 104 Kilogramm schwere Spielmacher beim NFL Combine. Beim Hoch- und Weitsprung aus dem Stand war er jeweils unter den Top 5 der Quarterbacks und seine Wurfgeschwindigkeit von 95 km/h war unter den Top 3. Auch deswegen sehen Experten wie Jeremiah in ihm das Potenzial für den nächsten Josh Allen.